Der Unternehmer Shiva Ayyadurai verklagt Techdirt, ein US-Blog über Technik und Netzpolitik, wegen Diffamierung auf 15 Millionen Dollar. Der Kläger behauptet, die E-Mail erfunden zu haben. Techdirt hatte dies in mehreren Artikeln angezweifelt und die Berichterstattung mit zahlreichen Beweisen untermauert. Dagegen geht Ayyadurai jetzt vor. Der Fall bekommt eine besondere Brisanz, da Ayyadurai vom Anwalt Charles Harder vertreten wird. Der hatte in einem aufsehenerregenden Prozess das Blog Gawker in die Pleite getrieben. Der Paypal-Gründer und Trump-Unterstützer Peter Thiel hatte den Prozess gegen Gawker teilweise finanziert.
Bei Techdirt befürchtet man, durch den Prozess jetzt auch in den Ruin getrieben zu werden. In einem Blogpost heißt es:
In unseren Augen ist dies keine Auseinandersetzung darum, wer die E-Mail erfunden hat. Es ist ein Kampf darum, ob unser Rechtssystem unabhängige Publikationen zum Schweigen bringt, weil sie Meinungen veröffentlichen, die Personen des öffentlichen Lebens nicht mögen. Und noch eine Sache: Dieser Kampf kann das Ende von Techdirt bedeuten, selbst wenn wir absolut im Recht sind.
Das Ende von Techdirt wäre ein publizistischer Verlust: Techdirt ist bekannt für seine kritische Berichterstattung über Unternehmen, das Urheberrecht, Patente und geistige Monopolrechte. Es setzt sich für Informationsfreiheit und Netzneutralität ein. Techdirt und sein Gründer Mike Masnick waren gewichtige Stimmen im Kampf gegen SOPA. Dem Blog wird zudem die Erfindung des Begriffs „Streisand-Effekt“ zugeschrieben.
Die Electronic Frontier Foundation unterstützt Techdirt im Prozess. In einer Erklärung heißt es:
Techdirt ist eine wichtige Quelle – es versorgt ein großes Publikum mit unabhängigem Journalismus über die großen Technologiethemen unserer Zeit. Die Internet-Community wäre nicht die selbe, hätte es Techdirt nicht gegeben. Dieser Prozess geht nicht nur um Techdirt. Es geht um die Pressefreiheit generell.
Naja, der Blog wird nur dann in Schwierigkeiten geraten, sollte das Gericht die Verbreitung als justizable Lüge bzw Verunglimpfung klassifizieren. Daran ist nichts falsch. Im Gegenteil. Das wedeln mit dem Streisand Effekt ist eine moralisch, soziale Unerhörtheit . ein Versuch sich jenseits der Gesetze eine faktische Grundlage zu schaffen, um mit der Drohung persönlicher Kollateralschäden Unrecht ungestraft betreiben zu können. Je mehr solchen Blogs, die besser zu Sozialarbeit anstatt Strafzahlungen verdonnert werden sollten, der Stecker gezogen wird, umso besser.
> Das wedeln mit dem Streisand Effekt ist eine moralisch, soziale Unerhörtheit.
Es geht in dem Verfahren nicht um den Streisand-Effekt.
> Je mehr solchen Blogs, die besser zu Sozialarbeit anstatt Strafzahlungen verdonnert werden sollten, der Stecker gezogen wird, umso besser.
Komische Auffassung von Pressefreiheit hast Du.
Ich unterscheide zwischen „Presse“ und den mit Pressearbeit einhergehenden Qualitäten, Standards, Rechten und jeden Schreiberling oder Lobbyverband der meint unter Hinweis auf Pressefreiheit Verunglimpfungen, Lügen, Hass, sonstwas verbreiteten ungestraft zu können.
Das kann auch die normale Presse nicht… niemand darf ungestraft jemanden verunglimpfen, lügen oder Hass verbreiten auch keine Presse.
Deine Weltanschauung von Pressefreiheit bleibt also recht fragwürdig..
Und worin Bestand der Nachrichtenwert für die Öffentlichkeit, um die Persönlichkeitsverletzung und Verbreitung der Meldung zu rechtfertigen dass Peter Thiel schwul ist ? Übrigens wurde sehr wohl, sicher nicht nur in diesen Fall, darauf spekuliert, dass Bedenken wg. Straisand Effekt den Geschädigten dazu veranlassen, würde, den Rechtsbruch nicht verfolgen zu lassen. Thiel ist zweifelsohne ein Ekel. Guter Journalismus hätte duzende Möglichkeiten, seine fragwürdige Doppelmoral ( einerseits Unterstützung für ein „Freies Internet“ aber gleichzeitig Mrd damit zu scheffeln diese „Freien “ daten zu erfassen und zu verkaufen ) . Aber entweder was Gawker dazu nicht in der Lage, oder, wahrscheinlicher, die haben gar nichts gegen diese unappetitlichen Aktivitäten und wollten mit einer Schmutzkampagne den Kerl ansich loswerden. Für wem auch immer.
Die Problematik derartiger Verfahren ist nicht deren Ausgang, sondern deren kostspielige Führung.
Nach US-Zivilrecht trägt dem Prinzip nach jede Partei ihre eigenen Kosten, wer beklagt wird und gewinnt, bleibt auf dem Honorar des eigenen Anwalts sitzen. Das wird damit gerechtfertigt, dass es für jeden Bürger zu seinen eigenen Aufgaben gehört, sich zu verteidigen.
Nur wenn das Gericht die Klage als „frivolous“ einstuft, kann es unter ziemlich engen Bedingungen dem Verlierer die Kosten der siegenden Seite auferlegen. Das passiert nur sehr selten.
Nach deutschem Recht trägt der Verlierer immer die „notwendigen Kosten“ der siegenden Seite, damit werden aussichtslose Verfahren besser verhindert.
Hi Markus,
ich verstehe den Artikel leider nicht. :/
Der Ayyaduri behauptet, die Email erfunden zu haben – „die Email“ als Technik, Leuten übers Internet quasi-Briefe zu schreiben? Und das führt dazu, dass er glaubt im Recht zu sein, wenn er anderen verbieten will, den Begriff „Streisand-Effekt“ zu benutzen? Oder wenn er anderen verbieten will, den Streisand-Effekt absichtlich gegen ihn einzusetzen?
> Und das führt dazu, dass er glaubt im Recht zu sein, wenn er anderen verbieten will, den Begriff „Streisand-Effekt“ zu benutzen?
Nein, wo liest Du sowas raus? Der Streisand-Effekt wird nur am Rande erwähnt, weil Techdirt die Erfindung des Begriffs zugeschrieben wird. Einen Zusammenhang mit Ayyaduri gibt es da nicht.
Nein, es geht bei der Klage darum, dass Ayyadurai Techdirt verklagt, weil sie anzweifeln, dass er die E-Mail erfunden hat. Die Sache mit dem Streisand-Effekt ist nur, dass Techdirt den Begriff erfunden/geprägt hat.
Man kann „Recht“ halt nicht auf die BLOGGer einschränken, die einem selbst genehm sind, Auch Rechtsextreme , Selektiere, Verschwörungsfans, Verfassungsfeinde etc. etc. berufen sich auf „Pressefreiheit“. Allein deshalb sollte man vorsichtig mit diesen Privileg umgehen. Dazu gehört sich nciht die Vorstellung von Gawker oder Techdirt jede Unterstellung, Halbwahrheit, Mutmaßung, Persönlichkeitsverletzung, ungestraft in die Welt setzen zu dürfen. Interessant dabei auch dieser Fall. http://www.jetzt.de/facebook/klage-gegen-fake-news-mit-merkel-selfie
Ich glaube, die obige deutsche Übersetzung trifft nicht 100% zu. Sie verzerrt die von techdirt beschriebene Lage. Ich, ein US-Amerikaner, techdirt-Leser und Übersetzer, möchte den zitierten Text so übersetzen:
»Unserer Ansicht nach handelt es sich also bei dieser Rechtsstreit nicht darum, wer die E-Mail erfunden hat. Bei diesem Rechtsstreit handelt es sich darum, ob unser Rechtssystem unabhängige Nachrichtendienste nur deswegen zum Schweigen bringt, weil diese Stellungnahmen veröffentlichen, die öffentlichen Personen nicht gefallen.«
Oder something along those lines…
Leider führt die Überschrift den Leser in die Irre,
daher wohl so viele Kommentare, von Lesern
die den gewünschten Kern der Nachricht nicht finden konnten.
… nicht schlimm, passiert halt ;-).
Wünsche Euch ein schönes WE.
Das eigentliche Problem hat mal vor Jahren ein amerikanischer Anwalt im Gespräch mit mir so auf den Punkt gebracht: „Wir haben das beste Rechtssystem der Welt. Wenn man Geld hat“. Im Zivilrecht konnte man das in der letzten Zeit besonders gut im Bereich „Intellectual Property“ beobachten – in Patentverfahren gehen zum Beispiel kleinere Unternehmen regelmäßig baden, selbst wenn sie in erster Instanz ihre berechtigten Ansprüche gegen wirtschaftlich potentere Gegner durchsetzen konnten. Sie können die nächste Instanz einfach nicht mehr durchhalten, weil da für sie die Verfahrenskosten regelmäßig im zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich ankommen.
Kurz gesagt: In den USA ist es sehr leicht, „Recht zu haben“, trotzdem juristisch baden zu gehen und hinterher ruiniert zu sein. Düstere Aussichten für Mike Masnick…
Hm, wenn jemand in Deutschland BILD verklagt weil er mit der Berichterstattung über sich in diesem Blatt nicht einverstanden ist…
…wir dann netzpolitik.org aumachen mit der Headline:
millionenklage gegen die erfinder von wir sind papst ?
Der Streisand-Effekt kann in diesem Fall zum Tragen kommen, das ist sogar wahrscheinlich, die Referenz ist daher inhaltlich. Wenn die „Bild“ vom Vatikan verklagt würde, fände ich so eine Referenz zur „Wir sind Papst“-Schlagzeile auch nicht übel.
Es gibt da einen klitzekleinen Unterschied: Der Springer-Verlag beschäftigt eine Kohorte von Justiziaren und kann sich sehr wohl selbst schützen. Techdirt ist ein kleiner Betrieb und kann ohne weiteres juristisch platt gemacht werden, auch für inhaltlich nicht anfechtbare Tatsachenberichte.